Um das Jahr 1555 entstand durch Zusammenlegung von 15 Hufen des Ortes „zum Hove“ und sechs eingezogenen Höfen des heute längst nicht mehr existierenden Dorfes Wester-Gollwitz ein Amts- bzw. Bauhof - das heutige Kaltenhof. Der Kaltenhof war als Amtshof bzw. später als Domäne zunächst unmittelbares Eigentum der jeweiligen mecklenburgischen Herzöge, nach dem Dreißigjährigen Krieg direkt der schwedischen Krone unterstellt und später, nach Rückkehr der Insel zu Mecklenburg wieder unmittelbares Eigentum der jeweiligen mecklenburgischen (Groß-)Herzöge. Der Kaltenhof war in der „Schwedenzeit“ Wohnsitz des Amtmannes, der auch den Kaltenhof in Pacht hatte. Aus der schwedischen Landesaufnahme von 1698 erfährt man einige Daten zum Hof. So bewirtschaftete der Kaltenhof neben den eigenen Äckern auch die Flächen des nach dem 30jährigen Krieg wüst gefallenen Stallmeisterhofs, die dem Kaltenhof zugelegt worden waren. An Vieh wurden 14 Ochsen, 8 Pferde, 40 Rinder und ca. 600 Schafe gehalten. An Gesinde gab es einen Vogt, einen Häcker, zwei Jungen und zwei Mägde. 1750 wurde der Amtshof noch einmal um die Fläche des „Prienshofes“ (4 Hufen) vergrößert. Nach der Rückkehr der Insel an Mecklenburg wurde der Kaltenhof ebenfalls an den Meistbietenden verpachtet. Im Jahr 1879 wurde Peter Steinhagen, der Besitzer von Vorwerk, Pächter von Kaltenhof, der beide Güter zusammenführte. Zu seiner Zeit hatte das Gut Vorwerk-Kaltenhof eine Gesamtgröße von knapp 345 ha. Peter Steinhagens Sohn Hans Steinhagen war bis zu seiner Enteignung 1945 der letzte Pächter der Domäne Kaltenhof. Das Gut hatte 1928 einen Viehbestand von 74 Pferden, 136 Rindern, 350 Schafen und 140 Schweinen und 1945 eine Größe von 336 ha.
Das Gutshaus Kaltenhof um 1920
Nach der Enteignung durch die Bodenreform 1945 wurde das Gut nicht zerschlagen, sondern als Volkseigenes Gut Kaltenhof (VEG) weitergeführt. Nach der politischen Wende wurde der gesamte Hofkomplex 1998 abgerissen und die Grundstücke vom Land Mecklenburg-Vorpommern als Eigentümerin an die Meistbietenden verkauft. Es entstand eine dicht bebaute Ferienhaus-Siedlung mit zweifelhaftem Reiz. Einzig das ehemalige Gutshaus entging dem Abriss und wurde nach jahrelangem Leerstand und Verfall aufwändig saniert und umgebaut. Heute dient es ebenfalls als Ferienobjekt. Damit endete die Geschichte der Domäne Kaltenhof nach über 400 Jahren.
Das Gutshaus im heutigen Zustand dient als Ferienobjekt
Die Rekonstruktion der Hoffolgen ist oftmals sehr schwierig. Oft fehlen wichtige Daten, die eine korrekte Zuordnung erschweren oder gar unmöglich machen. Das gilt insbesondere für die frühen Generationen. Ein Beispiel: Oft übernahm der Hoferbe den elterlichen Hof zum Zeitpunkt der eigenen Eheschließung und die Eltern gingen auf das Altenteil. Das war in der Regel der älteste Sohn. Aber auch das galt bei weitem nicht immer. Eignete sich der älteste Sohn nicht für eine Hofübernahme, weil er krank war, sich charakterlich nicht eignete oder nicht heiratete, so konnte der Hof auch von einem jüngeren Sohn übernommen werden. Gab es keine Söhne, erbte in der Regel die älteste Tochter. Aber auch hier gab es durchaus Abweichungen von der Regel. So erbte den Hof unter Umständen auch der älteste Sohn aus einer zweiten Ehe des Vaters oder der Interimswirt blieb aus irgendwelchen Gründen auf dem Hof und dessen Familie führte den Hof über die nächsten Generationen weiter. Auch wenn ein Hof verkauft wurde, lässt sich das Jahr des Verkaufs nicht immer genau bestimmen. Die nachfolgenden Hoffolgen sind daher nur als ein Versuch der Rekonstruktion zu betrachten. Gern nehme ich hier aber Ergänzungen und Korrekturen entgegen! Wenn Du hier etwas beitragen kannst, nutze einfach das Kontaktformular!
Folgende Pächter des Kaltenhofs sind bisher namentlich bekannt:
(Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Auch können die angegebenen Pachtzeiten nur als Richtwert dienen, da die genauen Jahresangaben zu den jeweiligen Inhabern des Hofes nicht mehr bzw. nicht mehr genau zu ermitteln waren)
Name | Zeit | Funktion |
---|---|---|
Anthon von Steinberg | 1655 | → aus Schweden Graf zu Enköping und Herr zu Boda, Oberkammerherr und Stallmeister der Königin Christina von Schweden, 1655 Amtmann von Poel, lebte selbst aber nie auf Poel. |
Joachim
Krolow | 1656-1659 | → Herkunft unbekannt Pächter und Amtmann. Er war verheiratet mit einer Elisabeth Make. Krolow stirbt vermögend im Jahr 1667. |
David
Schmied | 1661 | → Herkunft unbekannt Pächter und Amtmann, nichts näheres bekannt. |
Hermann
v. Deylen | 1662-1664 | → Herkunft unbekannt Pächter und Amtmann, später Pächter im Amt Neubukow. |
Hans
Burmeister | 1663-1666 | → Herkunft unbekannt Pächter und Amtmann. |
Georg
Paul Hannolt | 1666- 1673 | → Herkunft unbekannt Pächter und Amtmann. |
Jürgen
Elmhof | 1673- 1675 | → Herkunft unbekannt Pächter und Amtmann. |
Christoph
Junge | 1680- 1685 | → Herkunft unbekannt Pächter und Amtmann. |
Paul
Jarmerstedt | 1685-1693 | → Herkunft unbekannt Pächter und Amtmann. |
Johann von Steeb | 1694-1713 | → aus Schweden Landrentmeister, stirbt in Wismar, Oberkriegskommissar und Oberamtmann von Poel und Neukloster. |
Peter
Johann Schünemann | 1714-1723 | → Herkunft unbekannt Pächter und Amtmann. |
Johann
Cornelius (von) Müller | 1724-1740 | → Herkunft unbekannt Pächter und Amtmann, später Fürstlich-Mecklenburgischer Rat, am 9. Juli 1742 in den Reichsadelsstand erhoben. Er war verheiratet mit einer von Wendland. Ihr Vorname ist nicht bekannt. Möglicherweise war sie eine Tochter von Christian Friedrich von Wendtlandt, Erbherr von Vietlübbe und Tressow. Von Müller war katholisch. Sein mutmaßlicher Vater wurde in der Poeler Kirche begraben, wo sich dessen Grabstein bis heute erhalten hat. |
Carl Wolter
von Graevenitz | 1740-1752 | → aus Waschow Pächter und Amtmann. Er entstammte dem gleichnamigen altmärkischen Uradelsgeschlecht. Ende des 16. Jahrhunderts kam mit Joachim v. Graevenitz ein Vertreter des Geschlechts nach Mecklenburg und erwarb das Gut Dodow bei Hagenow. In Folge kamen noch weitere Besitzungen in Mecklenburg hinzu, wovon sich die Güter Dodow und Waschow bis zur Enteignung 1945 in Familienbesitz befanden. Carl Wolter war ein Sohn des Hzgl.-Mecklenbg. Oberforstmeisters Ulrich v. Graevenitz. In der Zeit von etwa 1740 bis 1749 war Carl Wolter v. Graevenitz Pächter und auch Amtmann des schwedischen Teils der Insel. Fünf seiner Kinder kamen in dieser Zeit auch auf Poel zur Welt. Offenbar war v. Graevenitz - wie wohl die meisten Amtmänner - bei den Poelern unbeliebt. Jedenfalls existieren noch eine Menge an Klageschriften und einschlägiger Unterlagen diesbezüglich im Wismarer Stadtarchiv. Letztlich floh v. Graevenitz von der Insel, eine Menge Schulden hinterlassend. Sein weiterer Verbleib ist bisher nicht bekannt. |
Johann Valentin
Gustav Hennings | 1752-1769 | → Herkunft unbekannt, mglw. aus Schwerin Pächter und Amtmann. Verheiratet mit Elisabeth Kossel. Nichts weiter über ihn bekannt. |
Heinrich
Christopher Jörns | 1770-1788 | → Herkunft unbekannt Pächter und Amtmann. Er wird nach 1788 Erbherr auf Großen und Kleinen Wustrow und Tützen. Er stirbt 1808 in Alt Gaarz, dem heutigen Rerik. 1761 heirate er Elisabeth Catrina Ilsabe Buchholz - die Ehe wurde jedoch 1771 geschieden. Sie starb 1787 auf Poel. Er war wohl der unbeliebteste Amtmann und wegen seiner Unbarmherzigkeit berüchtigt. Heinrich Christopher Jörns´ Bruder Jochen Friedrich war Pächter von Neuhof und später von Oertzenhof. |
Johann
Friederich Hass | 1789-1795 | → Herkunft unbekannt Geboren um 1739 Pächter und Amtmann. 1778-1789 Pensionarius zu Zierow. Er heiratet vor 1778 in erster Ehe Sophie Agnes Meyer und nach deren Tod 1790 Catrina Dorothea Grünwaldt, eine Tochter von Johann Grünwaldt zu Rehna. Er stirbt am 23. Januar 1804 in Wismar im Alter von 65 Jahren und wird vier Tage später in St. Marien beigesetzt. |
Johann
Carl Calsow | 1795-1821 | → Pächter u. letzter königlich-schwedischer Amtmann. |
Adam
Ernst Jenssen | -1827 | → aus Schloen Er wurde am 5. März 1763 in Schloen als Sohn eines Mühlenmeisters geboren. Er war Pächter von Zweedorf bei Neubukow und Kaltenhof. Jenssen heiratet am 6. Juli 1792 in Russow Sophia Henriette Michelsen. Rt stirbt am 26. mai 1827 in Wismar. |
Heinrich
Jenssen | 1832-1847 | → aus Zweedorf, Sohn des vorigen Heinrich Jenssen wurde am 24. Juli 1796 in Zweedorf geboren. Er war um 1832 Pächter von Lehnensruh und Kaltenhof, wurde später Gutsbesitzer zu Saunstorf und starb 1874 als Rentier in Wismar. Verheiratet war Jenssen mit Maria Christina Jahnke, einer Tochter des Wismarer Gewürzkrämers Siegmund Wilhelm Jahncke und dessen Ehefrau Marie geb. Ausborn. |
Friedrich
Bosselmann | 1848-1853 | → aus Käselow Johann Friedrich Franz Bosselmann war ein Sohn des aus dem Lauenburgischen stammenden Gutsbesitzers Johann Georg Nicolaus Bosselmann auf Liessow bei Rostock und dessen Ehefrau Catharina Maria Elisabeth Schwarcke, die ebenfalls aus dem Lauenburgischen stammte. Er wurde am 14. Juni 1815 in Käselow geboren. Ám 4. Juni 1847 heiratet Bosselmann in Retgendorf Elisa Sophia Schwarcke, eine Kaufmannstochter aus Lauenburg und wird nach der Eheschließung Pächter zu Kaltenhof. Dies bleibt er bis mindestens 1860, dann wird er Gutsbesitzer zu Solzow. Später wird er Gutsbesitzer zu Liessow, stirbt dort am 31. Februar 1888 und wird in Retgendorf begraben. Seine Witwe stirbt ebendort am 18. Oktober 1893. Das Liessower Gut übernimmt der 1849 in Kaltenhof geborenen Sohn Georg Heinrich Franz. |
Carl
Bosselmann | 1860-1861 | → aus Liessow Carl Friedrich Georg Bosselmann wird als Sohn dea Liessower Gutsbesitzers Johann Georg Nicolaus Bosselmann und dessen Ehefrau Catharina Maria Elisabeth geb. Schwarck am 11. Juni 1813 geboren. Er ist in den Jahren 1860-1861 als Gutspächter zu Kaltenhof belegt, hatte die Pachtung aber sicher schon einige Jahre zuvor übernommen. Er stirbt am 27. September 1861 mit nur 48 Jahren in Kaltenhof. Verheiratet war Bosselmann mit Marie Elisabeth Dorothea Helene geb. König. |
Helene
Bosselmann geb. König | 1861-1871 | Marie Elisabeth Dorothea Helene Bosselmann, geb. König. Sie bewirtschaftet die Pachtung nach dem Tod ihres Mannes noch bis 1871. Geboren wird sie in Neese am 22. Januar 1818 als Tochter des Jägers Berthold Friedrich König und dessen Ehefrau Friederike Luise geb. Deicke. Sie stirbt am 17. Oktober 1895 in Wismar und wird in der Familiengruft auf dem alten Friedhof in Kirchdorf rechts neben der Trauerhalle beigesetzt. |
Ludwig von Thaden | 1871-1878 | → aus Neu-Testorf in Holstein Ludwig Nicolaus Friederich von Thaden wurde 1838 als Sohn des Pächters Carl Christian August von Thaden und dessen Ehefrau Rosa Ferdinande geb. Hagemann im holsteinischen Neu-Testorf geboren. 1867 erscheint er als noch lediger Ökonomie-Inspektor in Othensdorf bei Rehna. Am 21. Juli 1871 heiratet von Thaden in Rehna Margaretha Sophia Johanna Caroline Baumann, die Tochter eines Pferdehändlers. Nach der Trauung wird von Thaden Pächter von Kaltenhof und bleibt dies bis 1878. Im Jahr 1880 erscheint er als Landmann in Eidelstedt bei Hamburg. Seine Frau stirbt 1937 in Lübeck und wird dort am 5. Oktober 1937 beerdigt. |
Johann
Peter Steinhagen | 1879-1890 | → aus Vorwerk Er war der erste einheimische Pächter der Domäne Kaltenhof und stammte aus dem benachbarten Vorwerk, das ihm bereits vollständig gehörte. |
Johann
Peter Steinhagens Erben | 1898-1900 | → Verwalter Adolf Tiessen Adolf Tiessen war Schwiegersohn von Johann Peter Steinhagen. Er war mit dessen Tochter Alma Johanna Franzisca verheiratet. Nach Übernahme der Pachtung durch Johann Peter Steinhagens Sohn Hans wird Adolf Tiessen Pächter von Oertzenhof. |
Hans Steinhagen | bis 1945 | → Sohn von Johann Peter Steinhagen Der letzte Pachtvertrag datiert auf den 1. Juli 1943 und wird für die Dauer von 18 Jahren geschlossen. 1945 wird Hans Steinhagen durch die Bodenreform enteignet. Seine beiden Söhne Karl und Hans-Joachim fielen zuvor im Zweiten Weltkrieg. |
Karl Steinhagen | ab 1943 | → jüngerer Sohn Sohn von Hans Steinhagen Mitpächter, er soll später die Pachtung Kaltenhof vom Vater übernehmen, fällt jedoch 1943 im Zweiten Weltkrieg. |