Die Poel nordöstlich vorgelagerte kleine Insel Langenwerder gehört zum Poeler Gemeindegebiet. Sie ist schon seit 1910 ein Naturschutzgebiet und auch das älteste Seevogel-Schutzgebiet Deutschlands. Langenwerder hat eine Länge von knapp einem Kilometer und eine maximale Breite von etwa 450 Metern. Auf der ca. 22 Hektar großen Insel brüten und rasten jedes Jahr Tausende Seevögel. Darunter befinden sich neben Sturm-, Lach- und Silbermöwen auch viele bedrohte und seltene Arten wie Sandregenpfeifer, Zwergseeschwalbe und Austernfischer. Das Naturschutz-gebiet Langenwerder hat eine Ausdehnung von 35 Hektar (einschließlich der Wasserflächen unmittelbar um Langenwerder) und darf grund-sätzlich nicht betreten werden. Abgesehen von dem vorübergehenden Aufenthalt eines Vogelwarts ist die kleine Insel unbewohnt.
Der 1907 in Hamburg gegründete “Verein zur Begründung von Vogelfreistätten an den deutschen Küsten - Jordsand“ mit seinem ersten Vorsitzenden Prof. Franz Dietrich erreichte es 1910, die mecklenburgische Regierung von der Schutz-würdigkeit Langenwerders zu überzeugen. Auch Wismar beteiligte sich mit einer jährlichen finanziellen Zuwendung an den Schutzmaßnahmen. Das stieß in der Folge nicht immer auf Gegenliebe. Insbesondere die Poeler Fischer waren gegen die Schutzbemühungen, sahen sie doch insbesondere in den Möwen eine lästige Konkurrenz, die ihnen die Fische wegfraßen. Der Verein “Jordsand” betreute Langenwerder bis 1927 und zog sich dann zugunsten der schon 1922 gegründeten “Norddeutsche Vogelwarte Rostock” zurück. Ab 1933 hieß die Vogelwarte “Nordeutsche Vogelwarte Wismar” und ab 1938 “Norddeutsche Vogelstation”. Ab 1945 nahm die Universität Rostock die Aufgaben des Vogelschutzes wahr.
(Foto: Luftbild von Langenwerder © Andreas Herrmann)
Der Naturschutz auf Langenwerder stellte sich nicht immer einfach dar. So war Langenwerder schon vor seiner Unter-Schutz-Stellung u.a. an den Malchower Pflanzenzüchter Dr. Hans Lembke und den Gollwitzer Erbpächter Ernst Beyer verpachtet, die ihr Jungvieh darauf weideten. Der Kaltenhöfer Pächter Hans Steinhagen hatte indes die Jagd auf Langenwerder von der Gemeinde gepachtet. Auch der Kirchdorfer Kaufmann und Seegrashändler Ernst Beyer nutzte Langenwerder: Er hatte einen Schuppen auf der Insel, in dem er das gesammelte Seegras lagerte. Zufriedenstellende Regelungen mit den Pächtern und Nutzern wurden in der Folge aber gefunden. So verzichtete Steinhagen von Februar bis August auf sein Jagdrecht und auch die Pächter Lembke und Beyer standen dem Vogelschutz wohlwollend gegenüber So wurde u.a. ein Koppelzaun errichtet, der das Vieh davon abhalten sollte, die Gelege der Vögel zu zertrampeln. Zudem wurde ein einheimischer Vogelwart angestellt, der über die Insel während der Brutzeit wachte.
Ein weit größeres Problem waren schon immer Eierdiebe. Besonders die Möweneier galten nicht nur bei den Einheimischen als nahr- und schmackhaft und wurden gern gesammelt. Insbesondere in Notzeiten wurde Langenwerder von Eierräubern heimgesucht und z.T. komplett geplündert. Nach einem Bericht von 1919 wurde der schon Jahre zuvor eingesetzte Gollwitzer Vogelwart Joachim Schwartz von den Eierräubern beschimpft und es kam sogar zu tätlichen Übergriffen gegen den schon hochbetagten Mann. Für den Vogelschutz waren diese Plünderungen ohnehin jedesmal eine Katastrophe. Ihren traurigen Höhepunkt fanden die Räubereien kurz nach Ende des zweiten Weltkrieges, als Karoline Krüger, die damalige Vogelwartin, am 18. August 1946 von plündernden russischen Soldaten mit einem Bootshaken erschlagen wurde. Ihr wurde zum Verhängnis, dass sie trotz dringendem Abraten der Einheimischen einen Polizeischutz ablehnte und völlig allein auf Langenwerder lebte. (Foto links: Langenwerder von Gollwitz aus gesehen)
Schon bald nachdem Langenwerder Naturschutzgebiet geworden war, zeigte sich die Notwendigkeit, einen Vogelwart einzustellen. Erster Vogelwart auf Langenwerder war der Gollwitzer Fischer Joachim Schwartz, von den Einheimischen auch “Meiwenkönig” (Möwenkönig) genannt. Ihm fogte später als zweiter im Amt der Vorwerker Fischer Gustav Gagzow. Kurz nach Kriegsende versah dann die schon genannte, aus Ostpreußen stammende und später ermordete Karoline Krüger den Dienst auf Langenwerder. Für den Vogelwart wurde zunächst eine provisorische Hütte als Unterstand errichtet, die später durch einen ausrangierten Bienenwagen ersetzt wurde. Zuletzt wurde dann im Jahr 1935 die heute noch genutzte, mit Reet gedeckte Schutzhütte erbaut. Die an der Westküste der Insel gelegene Hütte wäre bei einem Sturmhochwasser im Jahr 2004 beinahe ein Opfer der Fluten geworden und konnte nur durch den Einsatz des THW und 1.500 Sandsäcken gerettet werden. (Foto rechts: Vogelschutzhütte © Andreas Herrmann)
Heute wird die Insel Langenwerder vom Verein Langenwerder (Verein Langenwerder zum Schutz der Wat- und Wasservögel e. V.) in enger Zusammenarbeit mit der Universität Rostock betreut. Das Betreten der Insel Langenwerder ist grundsätzlich nicht gestattet. Während der Brutsaison finden am Gollwitzer Strand aber regelmäßig Informationsveranstaltungen mit dem Vogelwart statt. Außerhalb der Brutsaison werden zudem organisierte Führungen über die Insel angeboten,wobei aus Gründen des Naturschutzes die Teilnehmerzahl auf jeweils 15 Personen begrenzt ist. Termine können in der Poeler Kurverwaltung oder auf der Webseite des Vereins Langenwerder erfragt werden.