Bevor 1927 in Fährdorf der Damm aufgeschüttet und die alte, hölzerne Brücke durch eine modernere aus Stahlbeton ersetzt wurde, war der Weg nach Poel über das Wasser üblich. So wurde auch der Güterverkehr zum großen Teil über den Seeweg abgewickelt. Eine wichtige Rolle spielte hier die kleine Poeler Reederei Steinhagen. Gegründet wurde die Reederei von den Brüdern Peter und Gustav Steinhagen. Beide wurden in Weitendorf geboren und waren später zuächst als Matrosen, dann als Böter in Kirchdorf tätig und offenbar auch recht erfolgreich. So wickelten sie nicht nur den Güterverkehr von und nach Wismar ab, sondern ab ca. 1900 auch den gesamten Postverkehr. Dem immer stärker werdende Personenverkehr, der mit der Entwicklung des Bäderwesens auf Poel einherging, begegneteten die Brüder mit der Aufnahme der Fahrgastschifffahrt. Zunächst wurde noch improvisiert und die eingesetzten Schiffe noch für den Güter- und Personenverkehr eingesetzt. Später kamen dann auch reine Fahrgastschiffe zum Einsatz, von denen mehrere den Namen "Poel" oder "Insel Poel" trugen. Deshalb müsste die Überschrift dieser Seite auch eigentlich "Die Poeler Dampfer" heißen. Später übernahmen Peters gleichnamiger Sohn und Gustavs Sohn Paul die Reederei. Die beiden Vettern firmierten dann logischerweise als "Reederei Peter & Paul Steinhagen".
Kapitän Peter Steinhagen entstammte, wie sein Vetter Paul, einer Weitendorfer Linie der auf Poel einst weit-verzweigten und großen Familie Steinhagen. Sein gleichnamiger Vater hatte 1871 nach Kirchdorf geheiratet, wo Peter Adolf August, so seine vollständigen Vornamen, am 14. Juli 1880 als fünftes von sechs Kindern zur Welt kam. Peter Steinhagen heiratete 1904 die Kirchdorfer Schmiedemeistertochter Helene Henriette Schiller. Das Paar hatte drei Kinder, von denen die beiden Söhne Peter und Johannes bereits im Kleinkindalter starben. Tochter Magdalene heiratete später den Kirchdorfer Transportunternehmer Rudolf Metelmann, der mit im Geschäft tätig wurde. Kapitän Peter Steinhagen starb am 22. Oktober 1951 in Kirchdorf. Er wurde 71 Jahre alt.
Dampfer BLITZ
Auf dem Bild sehen wir den Dampfer "Blitz" auf einer Litho-graphie aus der Zeit kurz nach 1865. Das in Rostock gebaute Schiff war eines der ersten Passagierdampfschiffe, das den regelmäßigen Schiffsverkehr zwischen Poel und Wismar aufnahm. Gebaut wurde der eiserne Dampfer 1865 auf der Rostocker Werft von Albrecht Tischbein für den ebendort ansässigen Kapitän Albrecht Wettering. Dieser verkaufte den "Blitz" jedoch noch im selben Jahr für 6.500 Taler nach Wismar an die Schiffer Gebrüder Rohrdanz. Die folgenden Jahre fuhr der "Blitz" regelmäßig zwischen Wismar und Kirchdorf, aber auch nach Alt Gaarz (heute Rerik) und konnte rund 200 Passagiere befördern. 1866 erhielt der "Blitz" eine Vor- und Achterkajüte.
1870 kaufte der Wismarer Kapitän Joachim Evers das Schiff. Es wurde erneut umgebaut und 1872 in "Graf v. Moltke" umbenannt. In den folgenden Jahren wurde das Schiff im Winter auch als Schlepper, im Bugsierdienst, aber auch im Bäderdienst nach Boltenhagen und Lorenzhöhe (dem späteren Seebad Wendorf) eingesetzt. 1886 wurde die "Graf v. Moltke" zum Leichter abgerüstet und 1900 an die Reederei Peter & Paul Steinhagen verkauft. Von diesen wurde der Leichter zum Transport von landwirtschaftlichen Gütern von Poel nach Wismar und zurück zum Transport von Baustoffen, Kali, Saatgut usw. genutzt. An Sonn- und Feiertagen im Sommer wurden Bänke in den Laderaum gestellt, um auch Passagiere befördern zu können. Im Jahr 1939 wurde der Leichter in Wismar abgewrackt.
Dampfer POEL I
Der kleine Dampfer "Poel I" hatte noch einen aus Eichenholz gefertigten Rumpf. Auftraggeber für den Bau des Schiffes waren die beiden Reedereigründer Peter und Gustav Steinhagen, die zuvor als Böter die Strecke Poel-Wismar fuhren. Das Schiff fuhr zwischen 1900 und 1909 unter dem Kapitän Gustav Steinhagen und nach dessen Tod von 1910 bis 1920 unter dessen Neffen und Nachfolger Kapitän Peter Steinhagen Jr. Im Jahr 1914 wurde der Dampfer in Wismar umgebaut und bekam ein geschlossenes Ruderhaus. Neben Fahrgästen beförderte der Dampfer auch Fisch von Poel nach Wismar. 1920 wurde die "Poel I" nach Rügen verkauft und in "Delphin" umbenannt. 1935 wurde es zum Motorschiff umgebaut und sank 1945.
Salondampfer INSEL POEL
Der Salondampfer wurde 1911 im Auftrag der Reederei Stein-hagen von der Rostocker Neptunwerft gebaut. Das Schiff war gut 26 Meter lang und 6 Meter breit, hatte einen eis-verstärkten Bug und eine Zweifach-Expansionsmaschine. Auch hatte es schon eine elektrische Lichtanlage. Von 1911 bis 1916 fuhr die "Insel Poel" im Bäderdienst zwischen Wismar und Poel, in der ganzen Mecklenburger Bucht, aber auch nach Holstein, Fehmarn und Warnemünde. 1916 ging das Schiff kriegsbedingt an die Kaiserliche Marine und wurde als Torpedoberger eingesetzt. Nach dem Krieg blieb das Schiff im Eigentum des Deutschen Reiches und fuhr bis Ende des Zweiten Weltkriegs als Fährdampfer auf der Elbe. Nach 1946 wurde das Schiff abgewrackt.
Dampfer INSEL POEL
Das Schiff wurde 1910 in der Neustrelitzer Werft Gebrüder Maaß gebaut und fuhr die ersten Jahre unter dem Namen "Graf von Ziethen-Schwerin" für einen Otto Junge in Neu-ruppin. Dann kauften es die Kirchdorfer Vettern Steinhagen und tauften es auf den Namen "Insel Poel". Ab 1916 verkehrte der "Poeler Dampfer" zwischen Kirchdorf und Wismar. Bei Kriegsende befand sich das Schiff in Lübeck, wo es repariert werden sollte und kehrte erst 1948 von dort nach Kirchdorf zurück. Das 24,4 Meter lange, 4,72 Meter breite und 98 Tonnen schwere Schiff hatte einen Tiefgang von einem Meter und eine Maschinenleistung von 145 PS. Maximal 221 Personen konnte der Dampfer befördern.
Im Einsatz war der Dampfer bis in das Jahr 1958 und wurde dann wegen eines Kessel- und Maschinenschadens außer Dienst gestellt, da Ersatzteile nicht zu beschaffen waren. Im Winter 1960 sank der Poeler Dampfer in der Kirchsee. Dass Wrack liegt seitdem östlich, nahe des Bootssteges des Poeler Segelclubs SCIP. Ob der Dampfer durch Eisgang sank oder jemand "nachgeholfen" hat, ist bis heute unklar. Bei Niedrig-wasser gibt die Poeler Kirchsee das Wrack manchmal noch für kurze Zeit frei und man kann die Reste aus dem Schlick ragen sehen. Spricht man heute vom "Poeler Dampfer", dann ist i.d.R. dieser Dampfer gemeint, der den älteren Poelern sicher auch noch ein Begriff ist. Vom "Poeler Dampfer" existiert auch noch ein ca. 2 Meter langes Modell, dass sich in Privatbesitz seines Poeler Erbauers befindet.
Dampfer HINDENBURG
Von 1925 bis 1940 gehörte auch der Dampfer "Hindenburg" zur Reederei Steinhagen. 1893 in Kiel als Dampfschlepper gebaut und auf den Namen "Dresden" getauft, fuhr das Schiff zunächst für das Kanalamt Kiel, bis es 1925 an die Reederei Steinhagen verkauft wurd. Es erfolgte der Umbau zum Passagierdampfer und das Schiff erhielt den Namen "Hindenburg". 1940 verkauften die Steinhagens das Schiff nach Brunsbüttelkoog, wo es vom neuen Eigner wieder zum Dampfschlepper zurückgebaut und in "Voraus" umbenannt wurde. Ab 1942 war die "Voraus" im Dienst der Kriegsmarine und wurde hier unter anderem als Kabelfernräumgerät-Schlepper eingesetzt. 1946 erfolgte die Rückgabe an den Eigner. 1948 wurde das Schiff aufgelegt und 1951 in Hamburg verschrottet.
Dampfer SEEADLER I
Die "Seeadler I" wurde 1887 als Fischdampfer "Betty" in Rostock gebaut. Das Schiff war 31,4 Meter lang, 6,26 Meter breit und hatte einen Tiefgang von 2,59 Metern. Zunächst fuhr die "Betty" unter verschiedenen Eignern in Geestemünde und Hamburg und kam 1925 nach Wismar. Als "Seeadler I" wurde das Schiff von der Reederei Steinhagen und Heinrich Mews betrieben. Nach Mews Ausscheiden war die Reederei Steinhagen ab 1929 alleiniger Eigentümer. Die "Seeadler I" bediente mehrmals wöchtentlich die Passagier- und Fracht-verbindung Wismar-Lübeck und in der Badesaison auch nach Boltenhagen und Holstein, aber auch nach Fehmarn und Dänemark. Anfang Mai 1945 wurde das Schiff, das südlich der Timmendorfer Lotsenstation von Anker lag, von britischen Flugzeugen in Brand geschossen und sank.
Dampferfahrplan der Reederei Steinhagen von 1929
Nach dem Zweiten Weltkrieg ging die private Schifffahrt langsam zu Ende und die meisten Reedereien wurden verstaatlicht oder mussten sich den staatlichen Vorgaben unterwerfen. Nach dem Ende der Reederei Steinhagen führte der VEB Weiße Flotte die Fahrgastschifffahrt weiter und verschiedene Schiffe kamen auf der Strecke zwischen Poel und Wismar zum Einsatz. Heimathafen der Schiffe war stets Stralsund. Nachfolgend sind einige dieser Schiffe vorgestellt und vielleicht ist der eine oder die andere als Kind sogar damit einmal gefahren?
Motorschiff KARL CHRISTIAN BADE
Gebaut 1935 auf der Werft Schröder in Marienwerder wurde das Schiff von seinem Eigner Karl Bade zunächst auf den Namen "Reichsforstmeister Göring" getauft. Das gut 28 Meter lange Fahrgastschiff war knapp 5 Meter breit und konnte bis zu 252 Gäste befördern. Nach Kriegsende kam das Schiff nach Plau am See und hieß nun "Karl Christian Bade". 1947 war sein Heimathafen Joachimsthal, bis es 1952 unter gleichem Namen nach Wismar kam und auch die Strecke nach Poel bediente. Etwa zu dieser Zeit wurde das Schiff erneut umgetauft und fuhr nun unter dem Namen "Altwarp". Das Schiff fährt bis heute als "Altwarp" auf dem Werbellinsee in Brandenburg.
Motorschiff LUDWIGSBURG
Das MS "Ludwigsburg" verkehrte in den 1960er Jahren auch zwischen Wismar und Poel. Rechts auf dem Bild sehen wir das Schiff in der Kirchsee. Es wurde 1915 ursprünglich als Frachtschiff gebaut und trug den Namen "Maria Alida". Nach dem Krieg wurde es 1945 herrenlos aufgefunden und später auf den Namen "Havelberg" umgetauft. 1955 wurde das Schiff zum Passagierschiff umgebaut. Ab 1957 fuhr das Schiff für den VEB Weiße Flotte mit Heimathafen Stralsund. 1970 wurde die "Ludwigsburg" außer Dienst gestellt und noch im selben Jahr abgewrackt. Die "Ludwigsburg" war 22 Meter lang, 4,10 Meter breit und hatte einen Tiefgang von 1,30 Metern. Angetrieben wurde es von einem 80 PS starken Dieselmotor.
Motorschiff ELDENA
Das Motorschiff "Eldena" wurde 1909 als Fahrgastschiff auf der Rostocker Neptunwerft gebaut und auf den Namen "Gudrun" getauft. Erster Heimathafen war Ribnitz. 1914 wurde das Schiff zum Dampfer umgebaut und kam 1930 nach Althagen. 1940 kehrte es nach erneutem Eigner-wechsel nach Ribnitz zurück. Nach Kriegsende kam das Schiff 1946 nach erneutem Eignerwechsel nach Demmin. Kurz darauf erfolgte ein weiterer Eignerwechsel mit Heimat-hafen Usedom. 1951 wurde die DSU-Personenschiffahrt Eigner und das Schiff wieder zu einem Motorschiff umgebaut und in "Heimat" umgetauft. 1956 wird der VEB Weiße Flotte Eigner und das Schiff in "Eldena" umgetauft. Bis 1990 war es in der Fahrgastschifffahrt aktiv und wurde dann außer Dienst gestellt. Links die "Eldena" im Hafen von Timmendorf.
Motorschiff ALTEFÄHR
Die "Altefähr" wurde 1923 auf der Schiffswerft Neuhof für seinen Eigner Walter Paap gebaut und auf den Namen "Körling" getauft. Es war ursprünglich 18,40 Meter lang, 3, 92 Meter breit und konnte maximal 120 Passagiere aufnehmen. 1956 wird die Weiße Flotte neuer Eigner und das Schiff wird wenige Jahre später umgebaut und neu motorisiert. 1989 wird die "Altefähr" in "Delphin" umgetauft und nach einem erneuten Eignerwechsel 1991 nach Hamburg verlegt. Von 1994 bis 1999 ist das Schiff außer Fahrt und kommt 1999 nach erneutem Eignerwechsel und neuem Namen "Alte Fähr" nach Flensburg. Im Jahr 2000 wird das Schiff erneut verkauft und befindet sich seitdem unter dem Namen "Malmantile" in Privatbesitz.
Motorschiff SEESTERN
Das Schiff wurde 1962 vom VEB Yachtwerft Berlin als Fahr-gastschiff gebaut. Es ist 24 Meter lang und gute 5 Meter breit. maximal 98 Fahrgäste hatten darauf Platz. Bis 1991 fuhr das Schiff für die Weiße Flotte im Küstenbereich der Ostsee, unter anderem auch zwischen Kirchdorf und Poel. 1991 wurde das Schiff von der Weißen Flotte an die Reederei Heckmann nach Warnemünde verkauft. 2001 erfolgte ein weiterer Eignerwechsel und das Schiff kam nach Born zur Reederei Poschke, in dessen Dienst die "Seestern" zwischen Dierhagen und Ribnitz-Damgarten fuhr.. 2003 wurde das Schiff in die Niederlande verkauft, stand dort 2006 erneut zum Verkauf und wurde vom neuen Eigner Peter Galjaard ans Ijsselmeer verlegt. Dort war es bis 2018 noch aktiv im Dienst und unternahm Fahrten vom Campingplatz Holle Poarte.
Nach der Wende und der Wiedervereinigung gründete der Poeler Wolfgang Clermont am 1. Juni 1990 in Wismar die Reederei Clermont. In den folgenden 20 Jahren und zuletzt mit vier Fahrgastschiffen bediente die Reederei die Verbindung Wismar-Poel. Zusätzlich wurden die Schiffe auch für Hafenrundfahrten in Wismar und Ausflugsfahrten in die Wismarer Bucht eingesetzt. Ende 2009 setzte sich Clermont zur Ruhe und verkaufte die Reederei an die Adler-Schiffe GmbH mit Sitz auf der Insel Sylt, die ihr Geschäft damit auf die Region Wismar ausweitete und bis in die Gegenwart fortsetzt.
Von links nach rechts sehen wir hier die drei der vier Fahrgastschiffe der Reederei Clermont im Jahr 2003. Es sind die MECKLENBURG, die HANSEAT und die HANSESTADT WISMAR. Nicht im Bild die lNSEL POEL.
Die hier vorgestellten Schiffe stellen nur eine Auswahl dar und daher ist die Aufstellung keineswegs vollständig. Ergänzungen und Korrekturen zu den hier von mir gemachten Angaben sind aber stets herzlich willkommen!