Der Schwarzer Busch ist der jüngste aller Poeler Ortsteile. Er liegt nördlich von Kirchdorf und erstreckt sich bis direkt an die Inselküste. Ursprünglich bezog sich der Name "Schwarzer Busch" auf das kleine, mit alten Eichen bestandene Waldstück, welches heute noch als Rest existiert. Möglicherweise aber gab dem Waldstück auch ein Bauer namens Schwarz seinen Namen, welcher seinen Hof, den “Schwarzenhof” in unmittelbarer Nähe des Waldstückes hatte. Diesem Waldstück, dem “Schwarzen Busch” blieb die Abholzung wohl auch deshalb erspart, weil es den Seefahrern als Landmarke diente.
Etwa auf halber Strecke zwischen Kirchdorf und dem Strand-abschnitt Schwarzer Busch liegt der erst ab 1948 entstandene eigentliche Ortsteil gleichen Namens. Genau gegenüber der heutigen Bebauung liegt das bereits erwähnte kleine Waldstück mit einem Bestand an z.T. über 300-jährigen Eichen. Inmitten dieses “Wäldchens” befindet sich eine Gedenkstätte für die Opfer der “Cap Arcona”-Katastrophe: Die 1927 gebaute “Cap Arcona” war einst ein Luxusdampfer der Hamburg-Südamerika-Linie und galt als eines der schönsten Schiffe seiner Zeit. Ab 1940 wurde das Schiff von der deutschen Kriegsmarine verwendet und diente 1944 auch als Transportschiff für ostpreußische Flüchtlinge. Rechts auf dem Foto: Die "Cap Arcona" im Jahr 1927 auf einer Ansichtskarte.
Gegen Ende des zweiten Weltkriegs lag die “Cap Arcona” mit anderen Schiffen im Lübecker Hafen und nahm mehrere Tausend KZ-Häftlinge an Bord. Am 3. Mai 1945 lag die “Cap Arcona” in der Lübecker Bucht und wurde, da nicht sonderlich gekennzeichnet und mit Bordwaffen ausgerüstet, von britischen Jagdfliegern für einen Truppentransporter gehalten und in vier Angriffswellen versenkt. Bei diesem großangelegten Luftangriff wurden neben der “Cap Arcona” weitere 22 Schiffe versenkt und 115 beschädigt. Allein durch den Untergang der “Cap Arcona” und der “Thielbeck” kamen rund 6.400 Menschen ums Leben. Sie ertranken, verbrannten oder wurden von SS-Mannschaften erschossen. Viele der Leichen wurden in Folge an den Stränden angespült. Auch am Schwarzen Busch wurden etliche Opfer angetrieben, die hier auch ihre letzte Ruhe fanden. Links: Die Gedenkstätte am Schwarzen Busch.
Eine erste Bebauung erfuhr der Strand am Schwarzen Busch im Jahr 1910, als der Wismarer Bauunternehmer Friedrich Fanter mit dem Aufkommen des Bäderbetriebs unmittelbar am Strand ein erstes Kurhaus errichtete. Zwei Jahre später entstand gegenüber ein zweites Gebäude, das als “Villa Strandheim” errichtet wurde. Es diente der Wismarer Weinhändlerfamilie Michaelis als private Sommer-Residenz. Das Kurhaus Fanter wurde später von Adolf Grahl betrieben. Nach 1945 wurde das Kurhaus als FDGB-Ferienobjekt genutzt. Auch die ehemalige “Villa Strandheim” wurde nach Enteignung der Familie Michaelis als Ferienobjekt bzw. Gaststätte weiterbetrieben. Beide Häuser wurden nach der Wende saniert und die "Villa Strandheim" an Familie Michaelis rückübergtragen. Heute dienen beide Häuser wieder als Ferienobjekte mit angeschlossener Gastronomie.
Nach 1945 wurde der Strandabschnitt westlich der beiden Kurhäuser mit kleinen Wochenendhäusern bebaut. Nach der Wiedervereinigung wurde der Schwarze Busch erneut mit einer Vielzahl an Ferienhäusern bebaut.
Der Weg zum Schwarzen Busch von Kirchdorf aus gesehen um 1955
Blick auf die Grünanlagen von Ost nach West um 1955
Das Kurhaus
um 1910 und um 1950
um 1960 und um 1970
um 2000 und heute
Weniger bekannt ist, daß einst auch ein berühmter Gast am Schwarzen Busch zur Erholungssuche weilte. Es war Kurt Tucholsky, der vom 27. August bis zum 14. September 1919 die Ruhe hier genoß. Er war aus Lübeck bis Wismar mit dem Zug angereist. In einem Brief vom 3O. August 1919 an seine Freundin und spätere zweite Frau Mary Gerold schreibt er: "Ich habe einen richtigen See-Vogel - mir genügt es, auf die große, ruhige Fläche zu sehen - dann wird alles in mir still. Hier ist der Strand mäßig nicht so breit und weich wie in Libau - es ist alles ein bißchen klein und einfach -, aber wenigstens sind die Berliner Schieber nicht da, die in allen Bädern jetzt spielen und saufen. - Der Seewind weht und schüttelt die Bäume, und ich denke mir meins. Dafür heißt der Besitzer des Hotels Fanter - und wenn ihn einer ruft, drehe ich mich immer herum, weil ich glaube, er ruft mich, Pantern."
In einem weiterer Brief vom 1. September 1919 schreibt er weiter: "Ein strahlender Tag ! Richtiges Seewetter, und ich habe gebadet und bin über die Dünen gebummelt." Und zwei Tage später, am 3. September 1919: "Hierorts weht der Wind - das ist beinahe alles, und es tut wohl, nach dem Berliner Tempo auch einmal die Stille zu genießen. Ich bin ja von je ein bißchen in alle Einsamkeit verliebt."
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