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STEINHAGEN

auf Poel seit 1519

Keine alte Poeler Familie ohne wenigstens einen Steinhagen unter den Vorfahren oder in der Verwandtschaft! Die Familie Steinhagen war in der Vergangenheit eine der größten Familien der Insel. Unter den Top 10 der Poeler Familiennamen belegt der Name Steinhagen mit großem Abstand den ersten Platz. Von dem einst blühenden Geschlecht ist nicht viel geblieben. Heute gibt es nur noch sehr wenige Namensträger auf der Insel. Die verschiedenen Steinhagen-Linien der Vergangenheit können übrigens nicht auf einen gemeinsamen Ahnen zurück geführt werden. Fakt ist, dass es die Steinhagen schon lange vor dem 30jährigen Krieg auf Poel gab. Erste Erwähnungen gehen zurück bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts! Somit zählen die Steinhagen zu den ältesten noch heute auf der Insel ansässigen Familien! Poeler “Uradel” sozusagen.

Der Name Steinhagen ist ein Herkunftsname: Allein im ehemaligen Herzogtum Mecklenburg-Schwerin gibt es vier Orte dieses Namens. Der oder die ersten Steinhagen auf Poel kamen also vermutlich aus einem dieser Orte.

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Noch heute ist der Name Steinhagen in Nordwestmecklenburg schwerpunktmäßig am häufigsten anzutreffen.

Insgesamt existierten mindestens sechs Steinhagen-Linien auf Poel, deren ursprüngliche Verwandtschaft zueinander aufgrund fehlender Quellen nicht mehr belegbar ist. Auch bestanden durch Heirat vielfach verwandtschaftliche Beziehungen unter den verschiedenen Linien, so dass klare Trennungen der Linien voneinander ohnehin kaum möglich sind. Insgesamt betrachtet sind die verwandtschaftlichen Verflechtungen und die teilweise unmöglichen Zuordnungen der verschiedenen Steinhagen der blanke Alptraum für jeden Familienforscher. Untenstehend die verschiedenen Linien:

Die Fährdorfer Linie (erloschen), beginnt mit dem Hausmann Hans Steinhagen. Dieser wurde wohl um 1650 geboren und war mit einer Catharina Fehrmann verheiratet. Sein Fährdorfer Hof war nach dem Inventarium von 1694 5 ½ Hufen groß und er besaß an Vieh 14 Pferde, 6 Ochsen, 4 Rinder, 6 Kühe und 3 Kälber. Dazu noch 16 Schweine und 10 Schafe. Sein Wohnhaus war “in schlechtem Stande”, Scheune und Backhaus hingegen gut. Der Fährdorfer Hof blieb bis etwa 1875 in Besitz der Steinhagens, bis die älteste Tochter des letzten Besitzers (Oberschulze Hans Steinhagen) den Hof durch Heirat mit dem späteren Fährdorfer Oberschulzen Gustav Lembke den Hof in dessen Familie einbrachte. Letzter Besitzer des Hofes war bis zur Enteignung 1945 Kurt Schulz. 

Die Fährdorf-Weitendorfer Linie (erloschen) geht zurück auf den Fährdorfer Hausmann Claus Steinhagen. Über ihn und seinen Hof sagt das Inventarium von 1694: ,,Clauß Steinhagen, Baumann, deßen Frau todt, hat 2 Kinder Hans von 10 Jahren und Jochim von 8 Jahren, an Vieh 2 Ochsen, 3 Pferde, 2 Kühe, 5 Schweine und 3 Schaafe. Daß Hauß von 4 Verbundten. Dabey 1¼ Hufen Landes.” Die Nachkommen von Claus ließen sich später in Weitendorf nieder und begründeten somit einen von mehreren Weitendorfer Linien. Mit dem Tod des Weitendorfer Kaufmanns David Steinhagen 1900 starb diese Linie im Mannesstamm aus. Eine Tochter des letztgenannten heiratete später den Kirchdorfer Gastwirt Ernst Lembke, dessen Nachkommen das Gasthaus “Zur Insel” bis heute betreiben. Eine andere Tochter heiratete den Weitendorfer Gastwirt Hans Waack. 

Die Malchow-Weitendorfer Linie hat ihren Ursprung in Malchow. Stammvater dieser Linie war der Malchower Hauswirt Hans Steinhagen, der schon vor Beginn der Poeler Kirchenbücher (1709) starb. Seine Witwe folgte ihm erst 1726. Beide hinterließen mindestens sechs erwachsene Kinder, die alle selbst später Familien gründeten. Der jüngste Sohn Claus (* um 1705) siedelte bereits nach Weitendorf über. Bekanntester Vertreter dieser Linie war Hans Peter Steinhagen, genannt “Zeiß-Hans”, weil er der erste Poeler Fischer war, der seinerzeit den Fischfang mittels Zeese begann. Diese Malchow-Weitendorfer Linie Linie blüht bis heute auf Poel.

Die Weitendorf-Wangern´sche Linie (auf Poel erloschen) lässt sich zurückverfolgen bis zu dem Weitendorfer Hausmann Peter Steinhagen, der schon vor 1709, also vor Beginn der Kirchenbücher starb. Er hinterließ die fünf Söhne Peter, Joachim, David, Claus und Andreas. Ein Sohn von Peter, des ältesten der fünf Söhne wurde später durch Heirat mit der Schulzentochter Katharina Maria Steinhagen Hausmann und Schulze zu Wangern. Dieser Steinhagen, er hieß wie sein Vater Peter, war seinerseits mit einer Timmendorfer Schulzentochter Steinhagen verheiratet. Die Familie vergrößerte durch Einheirat in die Familie Evers/Wangern ihren Besitz, sodass der letzte Steinhagen auf Wangern, Richard Steinhagen einen Landbesitz von ca. 200 ha bewirtschaftete. Um 1911 ließ Richard Steinhagen für sich und seine Familie ein neues, großzügiges Wohnhaus im Jugendstil erbauen. Es hatte für seine Zeit einen hohen Wohnkomfort und wurde schon bald nach Fertigstellung nicht nur als Wohnhaus, sondern auch als Pension für Badegäste genutzt. Nach dem Tod von Richard Steinhagen 1927 über nahm dessen Witwe Agnes, geb. Ragotzky gemeinsam mit dem ältesten Sohn Peter die Bewirtschaftung des Hofes. Die Geschichte der Steinhagen in Wangern endete durch Enteignung und Vertreibung der Familie vorerst 1945. Nach der Enteignung wurde das Land an Neusiedler aufgeteilt und auch das Gutshaus selbst wurde an drei Siedlerparteien vergeben. Im Keller des Hauses wurde später der Dorfkonsum eingerichtet. In den folgenden Jahrzehnten verfiel das einst prächtige Haus zusehends, so dass es 1990 praktisch eine Ruine war. In den Jahren 1993/94 kaufte Frau Monika Feiler, eine Enkeltochter von Richard Steinhagen das Haus von den damaligen Eigentümern zurück. Nach dem Rückerwerb wurde das Haus, inzwischen unter Denkmalschutz gestellt, liebevoll restauriert und dient heute wieder der Beherbergung von Urlaubsgästen als “Appartementhotel Insel Poel - Gutspark Wangern". Es ist sicher eines der schönsten historischen Gebäuden auf der Insel Poel.

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Gutshaus Wangern, historische Aufnahme

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Zustand nach 1990

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Zustand heute

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Familie Richard und Agnes Steinhagen mit ihren fünf Söhnen um 1925

Die Seedorfer Linie (auf Poel erloschen) beginnt mit dem Seedorfer Hausmann Asmus Steinhagen, welcher 1711 im Alter von 86 Jahren starb. Folglich wurde er um das Jahr 1618 geboren. Sein Sohn Asmus hinterließ zwei Söhne: Peter und Asmus. Peter begründete die ältere Seedorfer Linie. Diese stellte mehrmals den Oberschulzen. Nachkommen dieser Linie waren später als Böter und Kaufmänner in Kirchdorf ansässig. Diese ältere Linie ist heute noch mit einem männlichen Nachkommen auf Poel vertreten. Der zweite Sohn Asmus ließ sich in Wangern nieder und war mit Dorothea Buck aus Brandenhusen verheiratet. Während der erste Sohn dieser Ehe, welcher ebenfalls Asmus hieß, in Wangern blieb und dort später das Schulzenamt bekleidete (seine Tochter Anna Katharina heiratete später in die Weitendorf-Wangern´sche Linie ein), wurde der zweitgeborene namens Hans Hauswirt in Seedorf und begründete somit die zweite, jüngere Seedorfer bzw. Seedorf-Neuhöfer Linie. Dieser Familienzweig saß später auf Neuhof . Das wohl bekannteste Mitglied dieses Familienzweiges ist sicher Hans Jacob Steinhagen, genannt “Hans von Baben”. Dieser war Eigentümer von Neuhof in Seedorf. Auf ihn geht der Bau des heute noch existierenden Gutshaus in Neuhof zurück. Bekanntheit erreichte “Hans von Baben” allerdings durch seinen jahrzehntelangen Rechtsstreit um Anerkennung seines Hofes als Eigentum. 

Zur Vorgeschichte: Bis 1352 erwarb das Heilig-Geist-Hospital Lübeck nacheinander die vier Poeler Dörfer Weitendorf, Wangern, Brandenhusen und Seedorf. Dies blieb auch nach dem 30jährigen Krieg so, als der Rest der Insel schwedisch wurde. In den Jahrhunderten der Zugehörigkeit zum Heilig-Geist-Hospital Lübeck bildete sich im “lübischen” Teil der Insel ein ganz eigenes Bauernrecht heraus, welches über Jahrhunderte unverändert blieb. So waren die “lübischen” Bauern freie Leute und niemandem untertan. Auch mussten sie keinerlei Hofdienste leitsten und zahlten stets eine gleichbleibende Pacht für ihre Ländereien. Als nun der mecklenburgische Herzog auf dem Regensburger Reichs-Deputations-Hauptschluß 1803 die “lübischen” Dorfer zugesprochen bekam, versicherte er den nun ehemaligen lübischen Bauern zwar die Wahrung der alten Rechte und Abgaben, legte ihnen aber bald die mecklenburgische Hufensteuer auf und brach somit sein Wort. Daraufhin klagten die Bauern vor dem Reichkammergericht, welches ihnen nach langer Prüfung Recht gab und die Erhöhung der Abgaben verbot. Bevor dieses Urteil jedoch rechtskräftig werden konnte, zerfiel unter Napoleon das “Heilige Römische Reich Deutscher Nation” und das Reichskammergericht wurde aufgelöst. In den folgenden Jahren nahmen die lübischen Bauern zähneknirschend die Situation hin und zahlten die Hufensteuer, bis der Herzog 1818 die Salzquote bzw. das sog. “Salzgeld” einführte, welches der Förderung der Herzoglichen Saline in Sülze dienen sollte. Die lübischen Bauern weigerten sich daraufhin, das Salz anzunehmen wie auch die Ersatzzahlungen bei Nichtabnahme des Salzes zu zahlen. Sie argumentierten zurecht, dass diese neue Abgabe ein Verstoß gegen die alten Rechte war. Nachdem das Salzgeld 1824 durch Exekution von den Höfen eingetrieben wurde, rollten die lübischen Bauern den alten Prozess von 1806 wieder auf. Es folgten Jahre zäher Verhandlungen, bei denen die herzogliche Kammer auf Zeit spielte, den Prozess verschleppte und die Geduld wie auch die finanziellen Möglichkeiten der lübischen Bauern arg strapazierte. So stritt man drei Jahre nur darum, welches Gericht für die Bauern zuständig sei, weitere Jahre gingen ins Land, in denen gestritten wurde, ob ein neuer Prozess nötig sei oder der alte wieder aufgerollt werden sollte. Obwohl die lübischen Bauern in einer weit ungünstigeren Position waren wie noch zu Beginn vor dem Reichskammergericht, blieben sie doch hartnäckig und geradezu stur und versuchten in den folgenden Jahren durch alle Instanzen, ihr Recht zu wahren.

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Die Seele des Widerstandes war der oben genannte Hans Jacob Steinhagen, dessen Hof, der Neuhof etwas höher als die übrigen Höfe lag, was ihm wohl den Spitznamen “Hans von Baben” einbrachte. Er vor allem war es, der den Prozess um die Anerkennung der Höfe als Eigentum vorantrieb und zu seinem Lebensinhalt machte, wobei er weder Kosten noch Mühen scheute. Letztlich kamen die Prozesse (es ging u. a. auch um das Jagdrecht) nach mehr als 70 Jahren und längerem Stillstand 1874 wieder in Gang und fanden ihren Abschluß im Januar 1877, als im Fürstensaal zu Wismar die lübischen Bauern durch Urkunde und Unterschrift als Eigentümer ihrer Höfe anerkannt wurden. Hans von Baben erlebte so noch kurz vor seinem Tod (er starb im selben Jahr), dass sein Sohn Hans Peter amtlich anerkannter Eigentümer seines Hofes wurde. jener verkaufte neuhof jedoch bald darauf und wurde Pächter von Karrenfeld bei Greifswald. Die jüngere Seedorfer bzw. Seedorf-Neuhöfer Linie erlosch daraufhin auf Poel im Mannesstamm.

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Familienfoto von Hans Peter Steinhagen, dem letzten Besitzer von Neuhof:

Hintere Reihe v.l.n.r.: Tochter Marie Wilhelmine (* 1875), später verheiratet mit Landwirt Ernst Quast zu Stralsund, vormals zu Maltzien auf Rügen; Sohn Fritz Walther Erich (* 1874); Sohn Gustav Ernst Paul Carl Eduard Wilhelm (* 1872); Sohn Hans Ulrich (* 1875); Tochter Helene Wilhelmine Maria Johanna Gabriele (* 1869), später verheiratet mit dem königl. Amtsrat Bernhard Lange, lebte 1934 als dessen Witwe in Leist bei Greifswald. Vordere Reihe, v.l.n.r.: Sohn Hans Gustav Erdmann, 1898  Förster in Bernitt, später Revierförster in Testorf bei Zarrentin; verheiratet mit Martha Auguste Sophie Louise Grohmann; Mutter Marie Sophie Lucie Steinhagen, geb. Lembke (* in Fährdorf 1845), Vater Hans Peter Steinhagen, er war der älteste Sohn von Hans von Baben (* Seedorf 1835); Sohn Fritz Gustav Otto (* 1871), Gutspächter zu Katzenhagen.

Die Vorwerk-Kaltenhöfer Linie (erloschen) war vermutlich seit mindestens 1526 auf Vorwerk ansässig. Aus alten Steuerlisten geht hervor, dass zu jener Zeit ein Hinrich Steinhagen und 1544 ein Peter Steinhagen dort Höfe besaßen. Der Hof des letzteren hatte die Größe von 3½ Hufen. Dieser Peter war vermutlich der Urahn der Vorwerker Steinhagen. Der erste gesicherte dieser Linie war der vor 1694 gestorbene David Steinhagen. Laut Inventarium von 1694 ist seine Witwe zu jenem Zeitpunkt schon erneut verheiratet mit einem Hans Rust, welcher auch das Schulzenamt für Vorwerk ausübte. Da das Schulzenamt i. d. R. in der Familie weitergegeben wurde, kann man hier annehmen, dass Hans Rust als zweiter Mann der Witwe Steinhagen dieses Amt von David Steinhagen nach dessen Tod übernahm. Als Interimswirt gab Hans Rust Hof und Amt später an seinen Stiefsohn Hans Steinhagen weiter.

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In den folgenden Jahrhunderten konnte sich diese Linie in Vorwerk nicht nur behaupten, sondern ihren Besitz auch ausweiten. So kamen im 19. Jahrhundert die Höfe II (Evers), III (Schwarz) und IV (Rebbien) in Steinhagenschen Besitz, so dass Peter Steinhagen (* 1838) in Unterlagen jener Zeit schon als Besitzer von ganz Vorwerk bezeichnet wurde. Dieser Peter pachtete später noch den Kaltenhof hinzu, womit die Gesamtfläche der bewirtschafteten Flächen auf über 700 ha anwuchs. Der letzte der Vorwerker Linie, Peters Sohn Hans Steinhagen war somit bis zu seiner Enteignung 1945 neben Dr. Hans Lembke in Malchow der größte Grundbesitzer bzw. -pächter auf Poel. Nach der Enteignung floh Hans Steinhagen mit 2 Pferdewagen und den zwei Töchtern Richtung Köln. Seine beiden Söhne Hans-Joachim und Karl fielen im zweiten Weltkrieg. 

Links: Der Besitzer von Vorwerk und Pächter von Kaltenhof Peter Steinhagen (1838-1890), seine Frau Emma, geb. Franck (1844-1890) und eines ihrer Kinder um 1870.

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