Kirchdorf liegt in der Mitte der Insel und hatte als Hauptort schon immer eine zentrale Bedeutung. In Kirchdorf befinden sich heute die Gemeinde- wie auch die Kurverwaltung, die Einkaufszentren und auch Arzt und Zahnarzt sind in Kirchdorf ansässig. Die einzige Schule der Insel befindet sich hier ebenso wie das Inselmuseum. Auch das älteste Gebäude Poels befindet sich in Kirchdorf: Die Inselkirche aus dem 13. Jahrhundert. Eine Besonderheit der Inselkirche ist, dass sie von den Resten einer Festungsanlage aus dem frühen 17. Jahrhundert umgeben ist. Das ist für ganz Mecklenburg einmalig.
Kirchdorf entstand mit dem Bau der Kirche durch die ersten deutschen Kolonisten zu Beginn des 13. Jahrhundert. Dass aber schon vorher Menschen hier lebten, belegen slawische Keramikfunde aus dem 7. und 8. Jahrhundert im Bereich des heutigen Dorfes. Auch die Flurnamen “Borgwisch” und “Blootbarg” weisen auf eine einstige slawische Besiedelung im Bereich des heutigen Kirchdorf hin. So ist der “Blootbarg” (Blutberg) eine Geländeerhebung im Bereich des heutigen Friedhofes an der Wismarschen Straße. Den deutlichen Höhenunterschied zur restlichen Gegend erkennt man zum einen an der Westseite des Friedhofes, wo das Gelände abrupt um einige Meter abfällt. Den Höhen-unterschied erkennt man besonders gut an der Trauerhalle und der direkt seitlich empor führenden Treppe. An der Ostseite des Friedhofes wurde dieser Höhenunterschied später bis auf das Gelände östlich der Wismarschen Straße aufgeschüttet. Aber noch immer ist der Höhenunterschied am heutigen Gemeindezentrum erkennbar.
Wenn man von der Wismarschen Straße aus zum tiefer gelegenen Parkplatz gelangen möchte, muss man eine Treppe benutzen, um die ca. vier Meter Höhenunterschied zu überwinden. Verschiedenen Quellen nach war der “Blootbarg” einst eine slawische Siedlung bzw. Burg, die nach alten Erzählungen im Jahr 1228 beim letzten Aufstand der Obodriten gestürmt worden sein soll. Durch diese blutige Schlacht, bei der alle Einwohner der Burg erschlagen wurden, erhielt der “Blootbarg” seinen Namen. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde im Zuge der Friedhofsumgestaltung und -erweiterung der“Blootbarg” zum Teil abgetragen.
Lage des “Blootbarg” im Bereich des alten Friedhofs in Kirchdorf. Auf dem Friedhof ist hier nur den Hauptweg eingezeichnet, der vom Eingang an der Wismarschen Straße über den “Blootbarg” zur Trauerhalle führt. Der Borgwisch war eine sumpfige Niederung, die sich einst westlich und nordwestlich des “Blootbarg” erstreckte. Das Kriegerdenkmal 1914-1918 markiert das ungefähre Zenrum des “Blootbarg”.
Die Kirchsee ist eine Bucht, die Poel in nord-südlicher Richtung etwa bis zur Hälfte teilt. Dadurch ist das am nördlichen Ende der Kirchsee gelegene Kirchdorf trotz seiner Lage in der Inselmitte mit dem Schiff erreichbar. Der einstige Fischerhafen dient heute größtenteils als Sportboothafen. Am südlichen Ende des Dorfes, direkt an der Kirchsee steht auch die einzige Poeler Kirche. Sie wurde im 13. Jahrhundert im romanischen Stil erbaut und Mitte des 14. Jahrhunderts noch einmal erweitert. Hierzu wurde das Langhaus zum größten Teil abgebrochen und durch einen größeren Neubau im frühgotischen Stil ersetzt. Auch der Turm wurde erhöht und hat heute eine Höhe von 47 Metern.
Auf dem untenstehenden Bild erkennt man gut die Reste der Festungsanlage, von der die Kirche umgeben ist. (Foto: © www.wolkenmond.de )
Zunächst war Kirchdorf ein Bauerndorf, wie die anderen Poeler Dörfer auch. In alten Steuerlisten hieß Kirchdorf anfangs noch “tor kercke”, der Name “Kerckdorp”, also Kirchdorf erscheint in diesen Listen dann erstmals 1524.
Von den vier Kirchdorfer Bauernstellen ging eine offenbar nach 1579 ein. Die restlichen drei Höfe sind noch bis 1634 nachweisbar. Bis zu diesem Zeitpunkt blieb die dörfliche Struktur also im wesentlichen gleich. Neben den drei Höfen gab es bis dahin noch 9 Büdnereien. Während und nach dem 30jährigen Krieg verschwanden auch die drei verbliebenen Höfe. Bis Mitte des 18. Jahrhunderts verschwanden auch die meisten Büdnereien und die von den Bauern und Büdnern bis dahin bewirtschafteten Ackerflächen werden dem Oertzenhof zugelegt. Kirchdorf verliert dadurch auch seinen Charakter als Bauerndorf. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfolgte durch die Großherzogliche Kammer die sogenannte Büdneransetzung und 1848-1850 die Häuslerkolonisation bzw -ansetzung. Beide Maßnahmen dienten dem Zweck, den nichterbberechtigen, jüngeren Bauern-söhnen eine selbständige Existenz zu ermöglichen und so ihre “Landflucht” zu verhindern. Kirchdorf wurde so zu einem Büdner- und Hand-werkerdorf. Im Jahr 1896 gab es in Kirchdorf bereits 41 Büdnereien und 100 Häuslereien.
Die Kiekelbergstraße in Kirchdorf mit den 1848 erbauten Häuslereien 1 - 7. Heute sind die meisten dieser Häuser modernisiert und außen verputzt. Nur die Häuslerei 7 - hier im Bildvordergrund - ist äußerlich weitgehend im Originalzustand von 1848. Lediglich die Fenster an der Giebelseite sind nachträglich verändert worden. Ursprünglich waren es unten nämlich zwei Fenster (wie bei Nr. 6) , die später zu einem Fenster vereinigt wurden.
Auf der unten folgenden Karte ist die bauliche Entwicklung von Kirchdorf dargestellt. Der historische Dorfkern erstreckt sich etwa von der Kirche bis zum Pfarrhaus. Die erste große Dorferweiterung erstreckte sich westlich des Dorfkerns und ist gut durch die rot eingezeichneten Gebäude erkennbar (heute Post-, Fischer- und Kiekelbergstraße). Die zweite große Dorferweiterung umfasste das Gebiet nördlich des Dorfkerns (Hackelberg) und wurde in den 1940er Jahren - insbesondere aber nach dem zweiten Weltkrieg bebaut.
In den 1970er und 1980er Jahren vergrößerte sich Kirchdorf erneut. So wurde der Bereich nordwestlich des Schloßwalls mit Eigenheimen bebaut (Birkenweg). Schon vor, aber auch besonders nach der politischen Wende 1989/90 verschwand noch einiges an historischer Bausubstanz und viele neue Gebäude und ganze Straßenzüge kamen und kommen hinzu (Buchenweg, Am Kirchturmblick usw.).
Nachstehend findest Du eine Auswahl an Kirchdorfer Häusern mit mehr oder weniger ausführlichen Informationen zu ihrer Entstehungszeit, ihrer einstigen und heutigen Nutzung und ihren damaligen Bewohnern (Stand 2020):
Am Markt 1: ehemals Büdnerei 19, erbaut um 1850/60 war einst eine Bäckerei und wurde von der Kirchdorfer Familie Wilcken bis ins Jahr 1965 betrieben. Später unterhielt die Großbäckerei Wismar noch eine Verkaufsstelle in diesem Haus. Das Haus befindet sich immer noch in Familienbesitz und dient heute nur noch Wohnzwecken.
(Besitzer: 1919 Johannes Wilcken, 1936 Bäckermeister Eitel-Friedrich Wilcken)
Am Markt 2: ehemals Büdnerei 18, war einst ein Kolonialwarengeschäft, welches noch bis 1952 bestand. Geführt wurde es damals von Konrad Wilcken. Danach war es kurze Zeit u.a. HO-Industriewarengeschäft und wurde nach der Schließung 1955 eine Zeit lang auch als Gemeindebibliothek genutzt. Heute ist es ein Wohnhaus.
(Besitzer: 1936 Kaufmann Conrad Wilcken)
Möwenweg 2: ehemals Büdnerei 41. Im Jahr 1898 ursprünglich als Wohnhaus für Heinrich Vieth, den Pächter des Gutes Oertzenhof erbaut, vermachte der kinderlose Vieth das Haus der Gemeinde Poel in Form einer Stiftung (“Andreas Vieth´sche Stiftung”) mit dem Ziel, Wohn- und Praxisräume für einen Arzt auf der Insel zu schaffen um so letztlich eine dauerhafte ärztliche Versorgung der Insulaner zu gewährleisten. Die Stiftung existiert heute noch bzw. wieder. Das Haus ist heute u. a. Sitz des Vereins “Poeler Leben e. V.” (Besitzer:
Möwenweg 4: Das älteste der Poeler Schulgebäude und wurde im Jahr 1806 unter Einbeziehung des älteren Vorgängerbaus errichtet. Das Haus war Küsterwohnung und Schulgebäude zugleich. Bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts diente es noch als Schulgebäude - ab 1955 als Schulhort und ab 1957 als Schulküche. Nach Fertigstellung des neuen Schulgebäudes werden die Räumlichkeiten seit 1975 als Heimatmuseum genutzt. Nach umfassender Sanierung und beherbergt es wie vor das INSELMUSEUM.
Möwenweg 7: Die ehemalige Büdnerei 14, im Jahr 1880 erbaut von dem Kirchdorfer Schmied Jacob Roahl, diente von Beginn an als Ferienpension. Zudem war im Haus noch ein Kolonialwaren-Geschäft. Nach einem Prospekt von 1913 hieß das Haus damals “Zum Norden” und wurde von Jacob Roahls Sohn Gustav bewirtschaftet. Heute “Hotel zur Semöwe”.
Möwenweg 9: Das Pfarrhaus wurde 1847 fertiggestellt, da der Vorgängerbau baufällig geworden war. Ursprünglich gehörten zum Pfarrgehöft noch einige weitere Gebäude wie Viehstall, Scheune, Schweinestall und Backhaus. Heute ist neben dem Pfarrhaus noch ein altes Nebengebäude erhalten. Erster Pastor in diesem Haus war Theodor Hempel.
Reuterhöhe 8: ehemals Häuslerei 65. Im Jahr 1925 von Sattler Friedrich Grünberg erbaut, diente das Haus zunächst als Pension (Haus Möwe). Nach 1930 erwarb Schlachter Friedrich Springer das Haus und betrieb darin und in den hinzugekommenen Anbauten eine Schlachterei. Nach Springers Enteignung in den 1950er Jahren wurde noch bis in die 1980er Jahre eine Schlachterei bzw. Schlachterladen im Haus betrieben. Heute wieder Ferienpension “Haus Möwe”. (Besitzer: 1925 Friedrich Grünberg, 1936 Schlachtermeister Friedrich Springer)
Schulstr. 8: im Jahr 1884 als drittes Poeler Schulgebäude errichtet, wurde es einer Poeler Gewohnheit gemäß nach den dort wirkenden Lehrern benannt und hieß demzufolge “Karberg-” und auch “Schildt-Schule”. Heute wird das Gebäude als Wohnhaus genutzt.
Wismarsche Str. 4: ehemals Häuslerei 34. Im Jahr 1896 als Molkerei erbaut, ist es heute eine Bäckerei. Das oberste Geschoß des Hauses wurde erst nach der Wende aufgesetzt. Das Gebäude ähnelt sehr dem Molkereigebäude in Blowatz. (1936 Molkereiverwalter Fritz Kuhlmann)
Wismarsche Str. 9: ehemals Büdnerei 21. (1936 Postfacharbeiter Louis Kitzerow)
Wismarsche Str. 11: ehemals Büdnerei 13. Bis 2019 befand sich in diesem Haus die "Inselstuw", ein Kunstgewerbegeschäft mit angeschlossener Galerie. (1936 Uhrmacher Bernhard Wiebring)
Wismarsche Str. 12: ehemals Büdnerei 12. Erbaut um 1907 von dem Kirchdorfer Kapitän Peter Steinhagen, wurde das Haus zunächst von einem Emil Jacobsohn und später von Hermann Trost als Wohn- und Kaufhaus betrieben. Heute befinden sich Wohnungen und eine Arztpraxis im Haus. (1936 Fuhrunternehmer Rudolf Metelmann)
Wismarsche Str. 13: ehemals Büdnerei 11. (1936 Schmiedemeister Ludwig Hafften)
Wismarsche Str. 17: Erbaut 1892.
Wismarsche Str. 18: ehemals Büdnerei 7. Baujahr nicht bekannt, aber sicher vor 1850. Das Haus war in frühen Zeiten ein Kolonialwarenladen mit Ausschank und führte den Namen “Restauration zum grünen Winkel”. Heute Wohnhaus. (1936 Tischler Johann Kremer)
Wismarsche Str. 19: ehemals Büdnerei 27. Das heutige Gasthaus “Zur Insel” ist das älteste noch bewirtschaftete Gasthaus der Insel. Das Haus wurde 1857 vom Poeler Peter Lembke gekauft, ist aber schon um einiges älter. Nach Übernahme des Hauses und der Gastwirtschaft durch Sohn Ernst Lembke im Jahr 1895 wurde bald darauf das ursprünglich einstöckige Gebäude aufgestockt und erhielt somit sein heutiges Aussehen. Das Gasthaus ist nach wie vor in Familienbesitz und wird derzeit in der fünften Generation bewirtschaftet.
Wismarsche Str. 21: Die ehemalige Büdnerei 6 war einst eine Bäckerei, betrieben vom Poeler Bäcker Louis Wilcken. Heute Wohnhaus. (1936 Landwirt Fritz Wilcken)
Wismarsche Str. 23: ehemals Büdnerei 42. “Uns Hüsung”
Wismarsche Str. 27: ehemals Büdnerei 38. Im Jahr 1879 von Carl Steinhagen erbaut. Sohn Gustav betrieb für kurze Zeit eine Bäckerei in diesem Haus, bis sein Bruder Wilhelm einen Kaufladen einrichtete. Dieser Laden bestand bis etwa 1950. Seitdem wird das Haus, das sich nach wie vor in Familienbesitz befindet, als Wohnhaus genutzt. (1936 Kaufmann Wilhelm Steinhagen)
Möwenweg 3
Heute "Pension Zur Kirchsee".
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Wismarsche Straße 25/26
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Hinterstraße 2
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Kieckelbergstraße 1
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Hinterstraße 4
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Kieckelbergstraße 13
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Kieckelbergstraße 4
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Mittelstraße 12
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Mittelstraße 11
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Wismarsche Straße 16
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Wismarsche Straße 29
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